Haushaltsrede unserer Fraktion für den Haushalt 2021

In diesem Jahr ist alles anders – überall. Auch im Kreistag verändert die Pandemie unsere politische Arbeit. So werden die Kreis-Fraktionsvorsitzenden in diesem Jahr keine Haushaltsreden halten, sondern ihre Reden nur zu Protokoll geben. Wir zeigen euch hier die Rede, die unser Fraktionsvorsitzender Jürgen Heinen heute am 18. März 2021 in der Sitzung des Kreisausschusses zu Protokoll gegeben hat.

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

es sind außergewöhnliche Zeiten. Zeiten, die außergewöhnliche Anstrengungen erfordern. Dass unsere kommunalen Aufgaben – über einen so langen Zeitraum und so elementar – dem Erhalt und dem Schutz unserer Gesundheit dienen würden, hat es in der Geschichte des Kreises Viersen noch nie gegeben. Diese Pandemie hält uns nach wie vor in Atem, sie fordert uns alle und sie stellt weiterhin viele Menschen vor große Herausforderungen. Die viel beschworene „Normalität“ wird auch nach Corona eine andere sein. Doch trotz aller widrigen Umstände hat uns diese außergewöhnliche Zeit auch gezeigt, wie sehr wir uns aufeinander verlassen können und wie solidarisch wir als Gesellschaft handeln.

Uns GRÜNEN ist es in der aktuellen Lage daher besonders wichtig, dass der Haushalt 2021, ebenso wie die mittelfristige Finanzplanung, in dieser schwierigen Zeit auch ein Signal für Stabilität und Zukunftsgestaltung ist. Daher möchte ich meine Haushaltsrede unter ein Motto stellen:

 

Wir leben in disruptiven Zeiten.  Die Komplexität steigt stetig, der Umgang mit permanenter Krisenbewältigung ist aktuell eines ihrer wichtigsten Erfordernisse. Ob wir es letztendlich wollen oder nicht: Althergebrachte Denkweisen und Liebgewonnenes müssen zwangsläufig in Frage gestellt werden. Und gerade deshalb ist es so wichtig, mit einer positiven Richtschnur die Strukturen mutig zu verändern, damit Zukunft eine gestaltbare Größe bleibt.

Auch wenn die Corona-Pandemie das Tagesgeschäft in Politik und Verwaltung seit einiger Zeit bestimmt und wir in dieser schwierigen Zeit physisch auf Abstand gegangen sind, sind wir als kommunale Gemeinschaft enger zusammengerückt. Dies wird uns dabei helfen, die noch vor uns liegenden Herausforderungen gut zu bewältigen. Denn der demographische Wandel, die Klimakrise und die Jahrhundertaufgabe Digitalisierung machen wegen Corona natürlich keine Pause – ganz im Gegenteil.

Meine Damen und Herren,

jetzt geht es darum, mit Mut die Konturen einer krisenresilienten Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu entwerfen, die in der Lage sind, mit den großen gesellschaftlichen Herausforderungen umzugehen. Die Kreisverwaltung ist nach unserer Ansicht mit dem hier vorliegenden Haushalt einen wichtigen Schritt in diese Richtung gegangen.

Natürlich erfordert es Mut, sich dem Klimawandel entgegenzustellen. Denn es reicht eben nicht, den Klimanotstand nur auszurufen, sondern es ist notwendig, auch danach zu handeln und das Themenfeld Klimaschutz mit Leben zu füllen. Hier sind wir aus Sicht der GRÜNEN auf dem richtigen Weg. Die Klimastrategie des Kreises, die beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen und die Klimafolgenanpassung sind wichtige Weichenstellungen hin zu resilienten Strukturen und einer klimaneutralen Kreisverwaltung.

 

Rohbau Kreisarchiv Viersen

Der Neubau des Kreisarchivs Foto: Kreis Viersen

Dass der Kreis Viersen zum Vorreiter beim gesunden, nachhaltigen Bauen nach den Grundsätzen der zirkulären Wertschöpfung wird, ist ebenfalls von Mut geprägt. Denn es ist mutig, nach vorn in Richtung Zukunft zu denken und zu planen – nicht darauf zu hoffen, die Antworten in der Vergangenheit zu finden und Bedenkenträgern das Feld zu überlassen. Mit dem Bau des neuen Kreisarchivs investieren wir nicht nur in die Zukunft, sondern setzen ein Leuchtturmprojekt mit überregionaler Strahlkraft um. Und natürlich können wir hier verweisen auf Kosten und Kostensteigerungen, aber das wäre dann auch nur die althergebrachte Denkweise, die Innovationen verhindert und von Angst getrieben ist.

 

Wir GRÜNE möchten auf diesem Fundament aufbauen und den Kreis Viersen als Innovationsregion für Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausbauen. Die im November veröffentlichte Prognos-Studie unter der Überschrift „Deutschland nach Corona“ zeigt, wo der Kreis Viersen im Wettbewerb der Regionen steht und welche Stellschrauben für die Zeit nach Corona von entscheidender Bedeutung sind. In der ökonomischen Landkarte zur Entwicklung der Bruttowertschöpfung bis 2030 rangiert der Kreis Viersen mit einem Zuwachs zwischen 5 und 7 Prozent in der vorletzten Kategorie. Es haben insbesondere solche Regionen Schwierigkeiten, in denen sich die Corona-Krise und strukturelle Probleme überlagern: Alte Branchen, geringes Einkommen, alternde und schrumpfende Bevölkerung. Im Gegensatz dazu gewinnen Regionen, die attraktiv für junge Menschen sind.

© Fridays for Future Deutschland

Seit einiger Zeit schon sehen wir eine ganze Generation junger Menschen, die sich engagieren für ihre Zukunft. Fast 80 Prozent der 14- bis 22-Jährigen in Deutschland denken, dass sich das Leben für zukünftige Generationen verschlechtert, wenn Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit ausbleiben. Umwelt- und Klimaschutz, der Zustand des Bildungswesens und soziale Gerechtigkeit zählen zu den wichtigsten Themen in ihren Leben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

hier sehen wir  auch unsere Verantwortung und unsere Aufgabe als Kreispolitiker*innen. Die Kombination aus Ökologie und Ökonomie kann der Motor eines wirtschaftsstarken Kreises Viersen sein und damit gehaltvolle Arbeits- und Ausbildungsplätze sichern und neue schaffen. Gerne hätten wir hierzu das Gelände des ehemaligen Militärflughafens in Elmpt als Epizentrum dieser Entwicklung genutzt, aber hier leitet altes Denken die Entscheidungen. Kurzfristige finanzielle Interessen – vor langfristigen Erfolgsmodellen. Dabei ist und bleibt die Ressource Boden knapp. Wir GRÜNE hätten uns hier mehr Mut gewünscht.

An diesem Punkt sollten wir uns dann auch die Frage stellen, wie soll die Wirtschaftsförderung des Kreises in Zukunft aufgestellt sein, als wesentlicher Akteur und Treiber der Regionalentwicklung? Wir GRÜNE sehen die WFG als Speerspitze eines modernen Kreises und kundenorientierten Dienstleisters für die Unternehmen. Und natürlich bedeutet dies auch mutige Entscheidungen zu treffen, und den gestiegenen Anforderungen mit den nötigen finanziellen und personellen Ressourcen zu begegnen.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Für den Kreis Viersen als ländlich geprägter Raum möchten wir vorhandene Möglichkeitsräume identifizieren und nutzen. Hierzu zählt auch die digitale Transformation. Dass die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser sich nun in den finalen Zügen befindet, und der Aufbau eines eigenen Funknetzes im Kreis weiter vorangetrieben wird, ist zu begrüßen. Aufbauend auf dieser digitalen Infrastruktur erhoffen wir GRÜNE uns eine Digitalisierungsstrategie, die zum einen die Servicedienstleistungen ausbaut und zum anderen die Prozesse innerhalb der Verwaltung transformiert. Die mit den Stichworten Digitalisierung, E-Government, Open Government und Arbeiten 4.0 verbundenen Entwicklungen erfordern aus GRÜNER Sicht eine umfassende Verwaltungsmodernisierung, was unter dem Eindruck der Corona-Situation nochmals an Bedeutung gewonnen hat.

Corona hat aber auch verdeutlicht, wie wichtig der Bevölkerungsschutz ist. Auf Krisen vorbereitet zu sein, auch auf solche, über die wir uns heute noch gar keine Gedanken machen, ist notwendig. Die dafür essenzielle Infrastruktur sehen wir in der Idee des Zentrums für Bevölkerungsschutz. Stabsräume für den Krisenstab und die Einsatzleitung, Lagerung von Katastrophenschutzmaterial, ein Trainingszentrum für den Rettungsdienst, die Feuerwehren und die Hilfsorganisationen im Kreis, das alles stärkt unsere Widerstandsfähigkeit für kommende Krisen. Auch hier braucht es Mut und die Durchsetzungsfähigkeit den Status Quo wiederkehrend zu hinterfragen, damit wir in diesem wichtigen Tätigkeitsfeld jeden Tag ein bisschen besser werden.

Meine Damen und Herren,

abschließend danken wir noch der Kreisverwaltung und insbesondere der Kämmerei. Sowohl für die Aufstellung des Haushaltsplanes 2021 als auch für die Unterstützung unserer intensiven Haushaltsberatungen und das alles in dieser herausfordernden pandemischen Lage.

Lassen Sie uns gemeinsam mit Zuversicht in die Zukunft gehen. Für die Menschen im Kreis Viersen als auch für die uns nachfolgenden Generationen, können wir an vielen Stellen jetzt den Grundstein legen für eine widerstandsfähige Kreisverwaltung und widerstandsfähige Demokratie. Wie unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Antrittsrede es bereits formulierte: „Mut ist das Lebenselixier der Demokratie“.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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